Bericht von Johannes Erd
Über die letzten 10 Jahre hat Renault mit dem Renault ZOE die Elektromobilität in Europa grundlegend geprägt und ist bis heute für viele der Inbegriff für das E-Auto. Nicht verwunderlich also, dass auch ich als E-Mobilitätsberater einen Renault ZOE als Dienstwagen fahre, der mich zuverlässig von A nach B bringt. Über die Jahre wurde der ZOE stetig weiterentwickelt, die Batteriekapazität hat sich mehr als verdoppelt und auch das Design hat hier und da einige Anpassungen bekommen. Das Grundgerüst ist jedoch mehr oder weniger das gleiche geblieben und damit bleibt die ZOE das Fahrzeug als das es von Anfang an gedacht war, ein Fahrzeug Kurz- und Mittelstrecken.
Neben der ZOE hat Renault mit einigen elektrifizierten Modellen auf Verbrennerbasis über die Jahre die Produktpalette erweitert. Sei es der Kangoo oder der ebenfalls kürzlich erschienene Renault Twingo, beides sicherlich gute Fahrzeuge, jedoch aufgrund der Plattformzugehörigkeit zu einem Verbrenner eben eher ein elektrifiziertes Auto, als ein modernes E-Auto.
Der Renault Megane E-Tech 100% ist nach vielen Jahre nun der „große Wurf“ des französischen Herstellers, bei dem Renault zeigen möchte was man alles kann, wenn man sich von den Fesseln einer Verbrennerplattform befreit. Ob Renault dieser große Wurf gelungen ist und wie sich das Fahrzeug auf der Straße so verhält, das wollte ich bei einem Test herausfinden und habe für eine Geschäftsreise zum e4-Testival am Hockenheimring, meine ZOE gegen den Megane E-Tech 100% getauscht.
ZOE & Megane E-Tech 100% im Vergleich
Im direkten Vergleich fällt das Design auf, es polarisiert, gerade im Vergleich zur zierlichen ZOE ist der im SUV Format gestaltete Wagen eine Wucht. Doch bei näherem Hinsehen und auch beim Vergleich zu manch anderem SUV bleibt es doch ein Kompaktwagen. Design ist für gewöhnlich Geschmacksache, doch mir gefällt der Megane E-Tech gerade in der schwarzen Ausführung mit den Bronze Zierelementen sehr gut.
Beim einsteigen fällt direkt der große Monitor in der Mittelkonsole in den Blick, der zumindest in ausgeschaltetem Zustand ein ziemlicher Fingerabdruckmagnet ist. Das Reinigungstuch welches mir vom Autohaus mitgegeben wurde sollte bei diesem Fahrzeug wohl zur Serienausstattung gehören 😉 Eingeschaltet fallen die Abdrücke jedoch nicht all zu stark ins Gewicht. Insgesamt hat mir das Zusammenspiel von phyischen Knöpfen und Bildschirmeingabe sehr gut gefallen, die wichtigsten Einstellungen, wie z.B. Sitzheizung und Klimatisierung sind während der Fahrt ohne große Ablenkung über die Tasten einstellbar.
Beim Navigationssystem setzt Renault auf Google Maps. Was ich zunächst als sehr angenehm empfunden habe führte dann zu ein wenig Verwirrung als ich mein Smartphone via Android Auto verbunden hatte und sich plötzlich die Navigation des Smartphones mit der des Autos gegenseitig bekämpften. Wenn man jedoch einmal verstanden hat, dass es zwei vollständig voneinander getrennte Navigationssysteme gibt die beide Google Maps nutzen, stellt auch das kein wirkliches Problem dar, könnte lediglich intuitiver gestaltet sein. Unterwegs habe ich dann immer das fahrzeugeigene System verwendet, da dieses auch die Restreichweite in die Routenplanung mit einbezieht.
Die Ladeplanung für diese Fahrt gestaltete sich gerade zu als langweilig, selbt mit dem kleinen Akku konnte das Ziel in 280 km Entfernung problemlos erreicht werden. Das lag nicht zuletzt daran, dass ich einen Großteil der Strecke auf Landstraßen gefahren bin, um noch einen Unternehmensbesuch auf der Strecke mitzunehmen. Gerade bei Geschwindigkeiten < 120 km/h erweist sich der Megane als wahres Effizienzwunder. Bei Ankunft hatte ich dann noch 8% Restkapazität und da ich mir eine Unterkunft mit Lademöglichkeit ausgesucht hatte wäre es auch fast schon zu langweilg gewesen, wenn das alles so geklappt hätte. Die Ladesäule an der Unterkunft war wegen Umbauarbeiten nicht zugänglich, weshalb ich mich nach einer Alternative umsehen musste. Hier konnte der Megane E-Tech 100% absolut punkten, im Gegensatz zu den allermeisten anderen Elektrofahrzeugen auf dem Markt kann das Auto mit 22kW statt der sonst üblichen 11kW an AC Ladesäulen laden. Ich habe mir also das nächstgelegene Restaurant mit AC-Säule in Fußlaufweite ausgesucht und während meines Abendessens wurden (kostengünstig dank AC) 50% Reichweite nachgeladen. Wer häufig auf öffentliches Laden angewiesen ist und abseits der Hauptreiserouten mit Hyperchargern unterwegs ist, für den ist dieses Feature sicher ein relevantes Entscheidungsmerkmal. Mir haben die 50% Ladung allemal gereicht um dann mit 58% Ladung in den nächsten Tag zum Hockenheimring zu starten. – Meinen kurzen Bericht zum e4-Testival gibt’s hier!
Auf der Rückfahrt konnte ich dann sowohl die Autobahnfähigkeiten des Fahrzeugs, als auch das Schnellladeverhalten testen. Anfänglich bin mit Richtgeschwindigkeit 120 – 130 unterwegs gewesen, was dank Abstandstempomat, Spurhalteassistent und Schildererkennung ein absoluter Genuss und dazu noch erstaunlich leise ist. Gerade bei den Fahrassistenten hat Renault gezeigt was es alles kann und ein wirklich sehr intuitives und bedienerfreundliches System geschaffen. Der Verbrauch lag bei dieser Geschwindigkeit im Bereich 16 bis 20 kWh/100km, was sich durchaus sehen lassen kann. Bei Geschwindigkeiten über 130 km/h steigt jedoch sowohl der Verbrauch, als auch die Geräuschkulisse im Fahrzeug merklich an und regelt dann bei 150 km/h ab. Ich bin dann gerne wieder auf gemütliches Fahren mit 120 / 130 km/h gewechselt.
Was die Schnellladefähigkeit angeht muss man gerade beim kleinen Akku leider ein paar Abstriche machen, wo andere Autos auch bei diesen Akkugrößen mittlerweile > 100 kW Ladeleistung bieten begnügt sich der Megane mit 70 bis 80 kW in der kleinen Ausführung. Wie so oft kommt es hier jedoch auch wieder auf den Anwendungsfall an, wer auf Schnellladen nur hin und wieder angewiesen ist, für sind 5 – 10 Minuten längere Ladezeit sicherlich auch kein Dealbreaker.
Fazit
Der Megane E-Tech 100% ist ein durchaus gelungenes Elektroauto, welches sich im Vergleich mit den VW ID’s nicht verstecken muss. Gerade die 22 kW AC Ladeleistung ist sicher für diejenigen ein echter gamechanger, die viel an öffentlichen AC Säulen laden müssen. Die DC-Ladeleistung hingegen hätte sicher etwas besser sein können, hier ist die Konkurrenz schon weiter, nichtsdestotrotz kann man sich mit dem Fahrzeug durchaus auf die Langstrecke wagen, muss dann halt etwas längere Ladestopps einplanen als mit den Spitzenreitern des Schnellladens, wie z.B. dem IONIQ 5.
Transparenzhinweis: Das Testfahrzeug wurde uns vom Autohaus Blender in Radolfzell kostenfrei zur Verfügung gestellt.